Komponisten & Werke

5 Fragen an NIKOLAUS BRASS

18.11.16 | musica viva Team

Das Werk „Der goldene Steig“ des Komponisten Nikolaus Brass wird am 16. Dezember 2016 im Rahmen des Orchesterkonzerts der musica viva mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks uraufgeführt. Nikolaus Brass beantwortete 5 Fragen der musica viva über seinen Arbeitsplatz, zur Entstehung des Werks und was er den Literaten Peter Kurzeck gerne noch gefragt hätte.

Foto: Nikolas Brass (c) Astrid Ackermann

 

musica viva: Erlauben Sie uns eine Frage zu Ihrem Arbeitsprozess: Wo genau ist dieses Stück entstanden? Und in welchem Umfeld arbeiten Sie am liebsten?

Nikolaus Brass: Die Stücke entstehen an einem gut aufgeräumten Schreibtisch. Ich habe zwei Arbeitszimmer, eines in Schöngeising, das andere in Lindau.

Die Arbeitsumgebung muß aus Notizzetteln bestehen (nicht zu viele), gut gespitzten Bleistiften, Radiergummi, Skizzenpapier und gleich auch schon Noten-Bögen für die Reinschrift. Die Musik entsteht im Moment der Niederschrift. Diese zieht sich oft sehr lange über viele Tage und Wochen hin. Das Arbeitspensum am Tag selbst ist eher knapp bemessen, nie mehr als vier Stunden. Spätestes dann breche ich ab und warte auf den nächsten Arbeitstag. So halte ich die Konzentration aufrecht.

musica viva: Klänge sind etwas sehr vergängliches. Manche Klänge verschwinden ganz aus unserem Leben. Welche Klänge erinnern Sie an Ihre Jugend?

Brass: Die Klänge des Bodensees, an dem ich aufgewachsen bin, sind sehr tief in mich gesunken. Die unterschiedlichen Geräusche des Windes und des Wassers, die Geräusche der Boote, die Rufe der Wasservögel … Das sind alles Kindheitsklänge.  

musica viva: In ihrem Interview mit Michael Zwenzner beschreiben Sie, wie Sie sich in Ihrem neuen Werk dem Gefühl widmen lebendig zu sein. Können Sie uns einen Klang nennen, der für Sie diese Gefühl des Lebendigseins verkörpert?

Brass: Lebendig sein heißt in Bewegung sein (innerlich und äußerlich), so sind in meinem Stück vielleicht die Schlagzeugklänge, die häufig Ostinati bilden, Zeichen für dieses „In-Bewegung-Sein“.

musica viva: Sie haben den Schriftsteller Peter Kurzeck erst nach seinem Tod für sich entdeckt. Welche Frage zu seinem Werk „Oktober und wer wir selbst sind“ hätten Sie ihm noch gerne gestellt?

Brass: Ich hätte mich gerne mit Peter Kurzeck darüber unterhalten, wie er „Ordnung“ in sein Schreiben bringt, wie er die tausend Gedanken und Erinnerungen erst einmal festhält, bündelt, sortiert, frisch hält und dann, in einem jahrelangen Schreibprozess, fixiert.

musica viva: Sie kennen das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ja gut. Hatten Sie beim Komponieren einen für dieses Orchester typischen Klang bereits im Sinn? Oder haben Sie vielleicht sogar mit Musikern oder mit der Solistin vorab zu einzelnen Elementen für dieses Stück experimentiert?

Brass: Beim Schreiben des Stücks konnte ich mich darauf verlassen, dass das sehr perfekte, neugierige und kritische Musiker spielen werden. Nur wenn ich jede Note vor mir verantworten kann, und damit das „Dazwischen“ zwischen jeder Note, dann kann ich auch an die Verantwortung der Interpreten appellieren, den „Sinn“, der in so einem Werk steckt, auch zum Vorschein zu bringen. Denn mit dem Spielen der Noten ist es ja nicht getan: Musik ist ja bekanntlich das, was zwischen den Noten liegt. Auch braucht es einen Sinn für Humor und Ironie, wenn man mein Stück gut spielen will, nicht nur eine perfekte Technik als Orchestermusiker. An einigen Stellen bringe ich auch manche der „Tutti-Spieler“ als Solisten ins Spiel. Sie „unterhalten“ sich musikalisch mit der Solo-Gesangsstimme. Das ist mir sehr wichtig: Das Orchester als Versammlung von Menschen zu zeigen, die alle ihre eigene Stimme haben, fähig sind, für sich einzustehen und gleichzeit fähig, sich in ein Ganzes einzufügen.

Die Zusammenarbeit mit der Solistin war phantastisch. Sie hat mir, nachdem sie die Handschrift der Partitur von mir bekommen hatte, einige Änderungsvorschläge gemacht bei einigen Passagen, die haben wir gemeinsam besprochen und ich habe die Partitur dann entsprechend verändert. Dabei lernt man als Komponist viel. An den spezifischen Klang des BRSO habe ich beim Komponieren weniger gedacht, eher an den spezifischen Klang meiner Musik, den das Orchester finden muss.

Die 5 Fragen stellte das musica viva Team. 

Weitere Informationen zum Orchesterkonzert am 16.12.2016 finden Sie auf www.br-musica-viva.de.


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