Als Komponist findet Alberto Posadas seine Inspiration immer wieder in Disziplinen wie der Mathematik – auch in seinem Königsberger Klavierkonzert, in dem die verschiedenen Formen der Beziehung zwischen dem Solisten und dem Tutti durch sogenannte »Eulersche Kreise« geregelt werden. 1736 gelang es dem Schweizer Mathematiker Leonhard Euler, die vier durch die Pregel getrennten Königsberger Stadtteile so miteinander zu verbinden, dass jede der sieben Brücken nur einmal überquert wird und man am Ende zum Ausgangspunkt zurückkehrt. In dem von Duncan Ward dirigierten musica viva-Konzert Konzert, dem die diesjährige Happy New Ears-Preisverleihung vorausgeht, nimmt Florian Hölscher am Flügel Platz, für den Posadas bereits seinen Klavierzyklus Erinnerungsspuren komponiert hat.

Anschließend ist Jean-Guihen Queyras der Solist in Benjamin Attahirs poetischem Konzert für Violoncello und Orchester Al Icha, in dem das Soloinstrument die Führung übernimmt. Benannt ist das Werk nach dem letzten der fünf obligatorischen Salāt-Gebete im Islam, wobei es dem französischen Komponisten darum ging, die Atmosphäre des »Eintauchens in die tiefe und warme Nacht« musikalisch einzufangen: »Bei genauerem Hinhören glauben wir, eine halb vergessene jiddische Melodie zu hören, eine geträumte gregorianische Clausula, das widerhallende Echo der Muezzins in den vier Ecken einer fast tief schlafenden Stadt …«

Der Abschluss dieses Abends ist Karl Amadeus Hartmann mit seiner 8. Symphonie gewidmet, dem Gründer der musica viva-Konzertreihe, deren erstes Konzert am 7. Oktober 1945 im Prinzregententheater München stattfand.