Winrich hopp stellt die musica viva Saison 2022/23 vor

Liebe Freundinnen, liebe Freunde der musica viva,
die vergangene musica viva-Spielzeit ging mit einem von der Dirigentin Shiyeon Sung geleiteten Orchesterkonzert zu Ende, das mit Werken von Unsuk Chin und Isang Yun der koreanischen Musik des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet war. Mit Réak gelang Isang Yun 1966 nicht nur eine erste und außergewöhnliche Begegnung von traditioneller koreanischer Musik und westlicher Moderne, sondern zugleich auch mit der Donaueschinger Uraufführung der Durchbruch auf die großen Konzertbühnen des internationalen Musiklebens.
Das koreanische Wort »Réak« bedeutet so viel wie »Zeremonialmusik«, und die musica viva eröffnet am 23. September im Prinzregententheater die neue Spielzeit 2022/23 mit einem Gastspiel des National Gugak Center aus Seoul, Südkoreas Hochburg für die traditionelle koreanische Musik und die performativen Künste: Präsentiert wird die königlich-rituelle Ahnenmusik Jongmyojeryeak der Joseon-Dynastie, ein einzigartiges Gesamtkunstwerk aus Musik, Gesang, Tanz und Kostümen einer seit über 600 Jahren gepflegten konfuzianischen Tradition. Die Deutschlandtournee des National Gugak Centers mit den Stationen Berlin, Hamburg, Köln und München findet anlässlich des 50jährigen Bestehens des Deutsch-Koreanischen Kulturabkommens statt.
Nur wenige Tage später, am 29. September, folgt ein weiteres Gastspiel im Prinzregententheater, das die räsonanz – Stifterkonzertinitiative der Ernst von Siemens Musikstiftung möglich macht: Das Orchestre de la Suisse Romande und 12 SolistInnen des Ensemble intercontemporain präsentieren unter der Leitung von Jonathan Nott die Uraufführung eines neuen, raum- und zeitgreifenden Werkes der Komponistin Rebecca Saunders, Trägerin des Ernst von Siemens Musikpreises 2019. Das von Ernest Ansermet vor rund 100 Jahren gegründete und in Genf ansässige Orchester bringt außerdem Werke von Pierre Boulez und Dieter Ammann nach München.
Gastspielkonzerte haben bei der musica viva des Bayerischen Rundfunks eine lange Tradition: Man denke an die Gastspiele der Sinfonieorchester der ARD seit Gründung der Reihe, an die Konzerte des BBC Symphony Orchestra mit Pierre Boulez oder der Berliner Philharmoniker mit Herbert von Karajan und schließlich an die zahlreichen Konzerte der internationalen Ensembles. Die räsonanz – Konzertinitiative, 2016 von der Ernst von Siemens Musikstiftung in Zusammenarbeit mit der musica viva des Bayerischen Rundfunks und dem Lucerne Festival gegründet, sichert die Kontinuität dieser für das Musikleben Münchens insgesamt so bedeutsamen Tradition, und zugleich hilft sie, diese Tradition international auszubauen.
Vom Münchner Publikum geliebtes Kernstück der vor einem guten Dreivierteljahrhundert gegründeten musica viva Reihe sind die Konzerte mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, häufig auch in Verbindung mit dem BR-Chor. Noch im Pandemiejahr 2021 stand die musica viva im digitalen Rampenlicht des internationalen Musiklebens mit der Aufführung von neuen Werken von Ondřej Adámek und Georg Friedrich Haas unter der Leitung von Sir Simon Rattle. Im vergangenen März fanden die musica viva-Konzerte des BRSO mit einem viel beachteten Wolfgang Rihm-Porträt schließlich wieder in die urbane Öffentlichkeit des Musiklebens zurück.
In den fünf Konzerten mit dem BRSO der Saison 2022/23 präsentiert die musica viva neuere und neueste Arbeiten von Nikolaus Brass [UA], Chaya Czernowin [DE], Milica Đorđević [UA], Pascal Dusapin [DE], Liza Lim, Matthias Pintscher, Francesca Verunelli [UA], Nicolaus Richter de Vroe [UA] und Hans Thomalla [UA].
Helmut Lachenmanns Musik für acht Hörner und Orchester My Melodies, 2018 bei der musica viva unter der Leitung von Peter Eötvös uraufgeführt, dann anschließend von Sir Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern in Berlin gleich dreimal übernommen, kommt im Juni 2023 nochmals zur musica viva, nachdem frühere Planungen von der Pandemie durchkreuzt wurden. Die neuerliche Begegnung kann wieder eine Uraufführung genannt werden: Ausgestattet mit einer extensiven Kadenz der acht Solohörner und Orchesterergänzungen mündet das Werk nun in seine finale Gestalt; ein Anlass, die Aufführung mit einer CD-Produktion zu verbinden.
Sehr freuen wir uns auf unsere GastkünstlerInnen: auf Pierre-Laurent Aimard, Sophia Burgos, Peter Eötvös, Holger Falk, Ilya Gringolts, Yuko Kakuta, Johannes Kalitzke, Vimbayi Kaziboni, Jonathan Nott, Franck Ollu, Matthias Pintscher, Krassimir Sterev und Tabea Zimmermann.
Unser treues und geschätztes Publikum möge es uns verzeihen, dass die Preise für die Einzeltickets und Abonnements angehoben wurden. Wir waren bestrebt, die Änderungen möglichst moderat zu halten. Bitte beachten Sie, dass in der neuen Saison neben dem traditionellen musica viva-Abonnement auch ein musica viva-Abonnement plus zu erwerben ist.
Wir danken der Hans und Gertrud Zender-Stiftung für die Happy New Ears-Preise an die Komponistin Liza Lim und den Publizisten Gianmario Borio, dem Verein der Freunde des BRSO für seine Unterstützung der Kompositionsaufträge an Chaya Czernowin, Nicolaus Richter de Vroe und Helmut Lachenmann, und der Ernst von Siemens Musikstiftung für die fruchtbare Zusammenarbeit im Rahmen der räsonanz – Initiative.

Viel Freude beim Besuch der musica viva-Veranstaltungen der Saison 2022/23 wünscht Ihnen
Winrich Hopp
Künstlerischer Leiter der musica viva des Bayerischen Rundfunks