
Jongmyo Jereak – Das königliche Ahnenritual der Joseon-Dynastie (1392-1910)
Am 23. September macht das National Gugak Center aus Seoul/Korea auf seiner Deutschlandtournee bei der musica viva in München Halt. Frank Böhme befasst sich in seinem Text näher mit den Besonderheiten der Ritualmusik, die bei der musica viva am 23.9.2022 um 20 Uhr im Prinzregententheater zu erleben sein wird.
Im Herzen von Seoul, unweit der beiden Königspaläste, liegt der konfuzianische Jongmyo-Schrein. Hier wird der Könige der Joseon-Dynastie (1392 bis 1910) gedacht. Ein Ort voller Geschichte, Ruhe und Spiritualität, in dem sich die konfuzianische Gedankenwelt tief eingeschrieben hat. Es gibt in Korea sehr wenig Musik, die so eng mit einem Ort verbunden ist, wie die Ritualmusik Jongmyo Jeryeak.
Mit der Gründung der Joseon-Dynastie im Jahre 1392 wurde nicht nur die Hauptstadt in das heutige Seoul verlegt, sondern auch der Konfuzianismus als Staatsphilosophie eingeführt. Die Ahnenverehrung spielt hierbei eine wichtige Rolle und ist Bestandteil der sogenannten »Drei sozialen Pflichten«. Die Ahnenrituale wie sie im Jongmyo-Schrein durchgeführt wurden, dienten als Brücke zwischen den Welten der Lebenden und der Verstorbenen. Das Ritual der Ahnenverehrung ist ein symbolreiches Zusammenspiel von Gesang (Jongmyo Akjang), Musik (Jongmyo Jeryeak) und Tanz (Palilmu).

Gastspiel des National Gugak Center bei der musica viva am 23. September 2022
Die Ritualmusik hat eine besondere Ästhetik. Ihr Tempo ist langsam und getragen und die Musik fließt in einem stetigen Strom dahin. Sie verzichtet auf extreme Gefühlsausdrücke wie Freude, Trauer oder Ausgelassenheit. Der musikalische Fluss ist geprägt durch feinste dynamische Nuancen, mikrotonale Tonhöhenänderungen und delikate Tonverzierungen. Die Auswahl der Instrumente folgt der aus China stammenden Klassifizierung der sogenannten »Acht Klänge«, die dem Orchester einen ganz besonderen Klang verleihen. Es sind Instrumente zu hören, die seit Jahrhunderten existieren aber nur noch in dieser Musik verwendet werden.
Der zum Ritual gehörende Tanz wurde in Korea schon während der Goryeo-Dynastie (918–1392) aufgeführt. Er ist wahrscheinlich der berühmteste rituelle Tanz in der koreanischen Geschichte. Das Jongmyo Jeryeak wird bis heute vom National Gugak Center (NGC) in Seoul, Koreas repräsentativer Institution für die traditionellen Künste, bewahrt. Die Zeremonie wurde 2008 in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. In einer speziell für die Deutschland-Tournee entwickelten Fassung, wird die beeindruckende Lebendigkeit der musikalisch-künstlerischen Tradition Koreas erfahrbar.
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